Saar, bürgerlich Erzsebet Nagy Saar, geboren 1974 in Ungarn, lebt und arbeitet in Wien und Alland.
Ihre Künstlerische Ausbildung erhielt Saar bei dem Maler Ludwig Baranyai von 2000 - 2004. Zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen in Österreich, Schweiz , USA und Japan. 2020 Stipendiatin der Stadt Wien. Zahlreiche Werke von Saar befinden sich in Privatsammlungen, seit 2023 befinden sich auch Werke in der öffentlichen Sammlung des Museum Angerlehner, Wels.
Saar, Ohne Titel, 2025, Acryl und Tusche auf Leinen, 190 x 350 cm
Preis auf Anfrage
Saar, Ohne Titel, 2024, Acryl und Tusche auf Leinen, 190 x 90 cm
Preis auf Anfrage
Saar, Shape, 2024, Acryl auf Leinen, 52,5 x 33 cm
Preis auf Anfrage
Ausstellungsansichten 2025
Den Katalog 2025 von Saar gibt es hier zum Download:
Den Katalog 2023 von Saar gibt es hier zum Download:
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Biographie
Erzsebet Nagy Saar (Saar), geboren 1974 in Ungarn, ist eine ungarisch-österreichische
Künstlerin, die für ihre ausdrucksstarken abstrakten Gemälde bekannt ist.
Saar studierte Kommunikationsdesign an der Werbeakademie Wien in Österreich. In der Malerei
wurde sie von Ludwig Baranyai im Kreis von Professor Ernst Fuchs ausgebildet. Saar begann mit
figurativen Arbeiten. Menschen stehen im Mittelpunkt ihres Schaffens, wobei ihr besonderes
Interesse den Gesichtern gilt: Neben außerordentlich präzisen, feinen und sorgfältig kolorierten
Porträts schafft sie auch großformatige Gemälde, die in ihrer Komposition Assemblagen
ähneln; Gesichter, eingebettet in Texturen und Farbfelder. Rückblickend erscheinen diese
frühen Werke von Saar wie eine Erforschung ihrer eigenen Möglichkeiten, bis sie sich 2015
entschloss, sich der Abstraktion zuzuwenden, mit für sie völlig neuen Malmaterialien,
Fragestellungen und Bildlösungen. Für SAAR vermitteln Farben selten symbolische Botschaften
oder stehen für Metaphern, sondern sind vielmehr ein einfaches Medium, durch das die
Künstlerin ihre sinnlichen Erfahrungen ausdrücken kann.
Das kreative Prinzip, das Saar in seiner Malerei anwendet, entspricht im Wesentlichen dem, was
in der Psychologie als „freie Assoziation“ bezeichnet wird und was die Surrealisten, die als Erste
die systematische Anwendung dieses Prinzips forderten, als „psychischen Automatismus“
bezeichneten.
Alles, was die wahrgenommene Erfahrung verwässern könnte, wird verworfen; Saars Malerei
entsteht aus dem Malprozess selbst, ohne vorgefasste Konzepte.
SAARs künstlerisches Motto lautet, inneren Gefühlen Raum zu geben, dem Formlosen Gestalt
zu verleihen und persönliche Wahrheiten auf die Leinwand zu übertragen, damit die Außenwelt
sie sehen kann.
Zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen in Österreich, der Schweiz, den Vereinigten
Staaten und Japan. Saars Werk wurde im Parnass Magazin und in einer Fernsehdokumentation
auf ORF III mit dem Titel „Wa(h)re Kunst – Galerien und ihre Künstler” vorgestellt. Produziert von
Popup Media Filmproduktion. Im Jahr 2020 erhielt Saar ein Stipendium der Stadt Wien.
Zahlreiche Werke von Saar befinden sich in Privatsammlungen, seit 2023 sind Werke auch in
der öffentlichen Sammlung des Museums Angerlehner in Wels zu sehen.
SAAR lebt und arbeitet in Wien und Alland, Österreich.
Bevorstehende Ausstellungen
2026 Kleine Galerie LINDE WABER & SAAR Wien
Ausgewählte Ausstellungen
2025 Der Geist des Ortes – Linde Waber und Weggefährten, Museum Angerlehner, 12. April bis
5. Oktober, Ausstellungsteilnahme, Wels, Österreich
2025 Galerie Amart „Saar - Gravity“ Einzelausstellung, Eröffnung Dr. Lisa
Ortner Kreil, Kunsthistorikerin Kuratorin und Ausstellungsorganisatorin im Kunstforum Wien, 27.
März bis 3. Mai, Wien
2024 Galerie Amart LINDE WABER & SAAR „Időben also Zeitgerecht” Eine Ausstellung zweier
Künstler Eröffnung Mag. Hartwig Knack, Kurator Lesung Bodo Hell, „Zeitkaskade” 11. April bis
9. Juni Wien
2023 Rondell Gallery Erzsebet Nagy SAAR I Gottfried Leitner SENSES Begrüßung: Johann
Pirker BGM.Mag. Karlheinz Schuster Über die Ausstellung: Roman Grabner Direktor Bruseum
Universalmuseum Joanneum Graz 30. September – 19. November Schwanberg, Österreich
2022 Galerie Amart Einzelausstellung SAAR – INNER SPACES Eröffnung Mag. Hartwig Knack
14. April – 4. Juni Wien
2020 Galerie Amart Einzelausstellung INTRODUCING ERZSEBET NAGY SAAR Eröffnung Prof.
Carl Aigner 18. Juni – 12. September Wien
2019 Felix Höller Galerie Einzelausstellung FREQUENCY 11. September – 2. November Wien
2018 Felix Höller Galerie Einzelausstellung INSIDE/OUT 3. September – 13. Oktober Wien
2018 Filmquartier Wien Silent Loft Einzelausstellung Soiree INSIDE/OUT 13. Mai Wien
2017 EGA Frauen gestalten die Zukunft Einzelausstellung Eröffnung Mag.a Renate Brauner 4.
März – 4. April Wien
2013 Haus Wittgenstein Einzelausstellung Begegnungen Eröffnung Prof. Gerhard Habarta 6. –
14. Juni Wien
Gruppenausstellungen (Auswahl)
2025 Galerie Amart – Summer in the City 26. Juni bis 27. August 2025 Wien
2024 Galerie Amart Abstrakt. Informel. Aktuell 13. Juni– 24. August Wien
2024 Galerie Amart Abstract on Paper III 1. Februar– 6. April Wien
2023 Galerie Amart Abstract on Paper II 16. Februar 16–25. März Wien
2022 Galerie Amart Vorsicht Farbe 4. August–24. September Wien
2022 Galerie Amart Abstract on Paper I 24. Februar–9. April Wien
2021 Galerie Amart 5. August–4. September Wien
2021 Galerie Amart 31. Juni–3. Juli Wien
2021 Galerie Amart 3. Mai–5. Juni Wien
2021 Galerie Amart 18. März–17. April Wien
2021 Galerie Amart 5 JAHRE GALERIE AMART 4. Februar–13. März Wien
2020 Galerie Amart Sep 17– Nov 14 Wien
2019 Galerie Felix Höller Jul 29 Wien
2018 Galerie Felix Höller Dec 3– 23 Wien
2018 Galerie Felix Höller Jul 30– Aug 30 Wien
2018 Galerie Felix Höller Apr 8– 24 Wien
2002 Baden, Frauenbad, Jan 18 – Apr 14 Baden Austria
Art Fairs
2023 ART VIENNA International Art Fair Orangerie Schönbrunn Galerie Amart Sep. 15- Sep. 17
2022 ART VIENNA International Art Fair Orangerie Schönbrunn Galerie Amart Sep. 16- Sep. 18
2019 Swiss Art Expo The Art Festival SBB Eventhall Aug. 15-19 Zurich Switzerland
2015 Spectrum Miami, United States
2015 Art Expo New York, Galerie Basak Malone, United States
2015 TIAF Tokyo, Japan
schöne bilder
von Lisa Ortner-Kreil
Zu Erzsebet Nagy Saars Ausstellung Gravity in der Galerie Amart
Erzsebet Nagy Saar, geboren 1974 in Ungarn, lebt und arbeitet in Wien und seit kurzem auch in Alland/Niederösterreich. Sie präsentiert in der Galerie Amart unter dem Titel Gravity superrezente Arbeiten, die in den letzten Monaten in Alland entstanden sind. Wir sind hier in Wien, der Stadt der St. Stephan-Gruppe, der Stadt der Neuen Wilden, der Stadt von Max Weiler, von Martha Jungwirth, einer Stadt, in der seit vielen Jahrzehnten abstrakte Malerei entsteht, in der wir aber immer noch, so kommt mir jedenfalls vor, besonders viel Erklärungsbedarf haben, wenn wir über Kunst sprechen, die sich nicht der Mimesis verschrieben hat. Was kann abstrakte Malerei sein? Der amerikanische Abstrakte Expressionismus, der formal von großen Unterschieden geprägt ist, hat viele Antworten darauf gegeben. Clement Greenberg, der wahrscheinlich wichtigste Kunstkritiker des 20. Jahrhunderts, hat die abstrakte Malerei immer wieder als eine Reise der Kunst zu sich selbst beschrieben. In der Tat wird es immer da schwierig, wo Sprache und abstrakte Malerei aneinander geraten. Wie soll man über etwas sprechen, über etwas schreiben, was „offen“ ist, sich nicht konkretisiert? Wie kann man diese Inhalte in das Korsett der Sprache zwängen?
Der große Dichter Ernst Jandl, 1925 in Wien geboren und 2000 ebenda verstorben, hat zu diesem Thema ein Gedicht mit dem Titel „das schöne bild“ verfasst:
das schöne bild
spar aus dem schönen bild den menschen aus
damit die tränen du, die jeder mensch verlangt
aussparen kannst; spar jede spur von menschen aus:
kein weg erinnere an festen gang, kein feld an brot
kein wald an haus und schrank, kein stein an wand
kein quell an trank, kein teich kein see kein meer
an schwimmer, boote, ruder, segel, seefahrt
kein fels an kletternde, kein wölkchen
an gegen wetter kämpfende, kein himmelsstück
an aufblick, flugzeug, raumschiff – nichts
erinnere an etwas; außer weiß an weiß
schwarz an schwarz, rot an rot, gerade an gerade
rund an rund;
so wird meine seele gesund.
Jandl liefert mit diesem 1969 im Gedichtband „Laut und Luise“ publizierten Gedicht über das titelgebende schöne Bild eine Hymne an die abstrakte Kunst, der er Gesundung zuspricht in dem Moment, in dem sie sich von ihrer Jahrtausende alten Tradition, figurativ abzubilden, abwendet und sich selbst genügt. Der Offenheit, die abstrakte Kunst birgt, die ihren Inhalt ausschließlich aus Form, Oberfläche und Farbe generiert, huldigt Jandl geradezu. „nichts erinnere an etwas“ so Jandls Plädoyer für ein neues Zeichensystem – nichts anderes ist die abstrakte Malerei.
Seit 2018 malt Erzsebet Nagy Saar ausschließlich abstrakt. Als ich mich vor einigen Wochen zu einem Atelierbesuch nach Alland aufmache, gibt mein Navi auf, es lenkt mich kilometerlang über einen Forstweg vorbei an Pferdekoppeln, Wald, die Straße ist eine einzige Schmutzschleuder voller Schlaglöcher. Erst auf Nachfrage wird mir bestätigt, dass ich auf dem richtigen Weg sei, zuversichtlich spule ich die letzten Kilometer ab, auch besser so, denn mittlerweile hat auch das Handy keinen Empfang mehr. Benedikt und Erzsebet begrüßen mich vor einem wunderschönen riesigen alten, aber neu renovierten Haus mit angeschlossenem Ateliergebäude. Bevor wir ins Atelier gehen, setzen wir uns in den großzügigen Wohnraum und trinken eine Tasse Genmaicha Tee.
„Hier ist ein ganz anderes Gefühl, hier ist so viel Raum“, sagt die Künstlerin, die mir mit leuchtenden Augen und offenem wallenden Haar gegenübersitzt. Während des Gesprächs schaue ich immer wieder aus dem Fenster, betrachte fasziniert diesen Ort der Stille. Ihre Sicht auf die Kunst und das Leben habe sich, so erzählt mir die Künstlerin, nach vielen Jahren in Wien nun durch den Umzug aufs Land sehr verändert, sie fokussiere nicht mehr so sehr die Details sondern habe eher das große Ganze im Blick. Die Bäume, die uns hier umgeben, sind 35 Meter hoch, es ist die totale Abgeschiedenheit in der gelebt und gearbeitet wird. Ort und Gefühl der neuen Bleibe, so scheint es, fließen direkt auf die Leinwand. Gravity also, der Name von Erzsebets Solo-Show: „Gravity, das heißt doch Schwerkraft?“ frage ich. „Schwerkraft, Leichtkraft, Kraftquelle...“ philosophiert die Künstlerin. Vielleicht kann man dieses Gravity besser mit Anziehung, mit Zentrum übersetzen, einer natürlichen Kraft, einem Magnetismus, der sich in Energie auf der Leinwand entlädt. „Meine Leinwände liegen fast immer am Boden, wenn ich arbeite“ und „mit wollen kommt man nicht weiter, es zu wollen, wäre falsch“, erzählt mir Erzsebet weiter. So verwundert es nicht, dass ihre Herangehensweise stets spontan ist, es entstehen davor keine Skizzen, nichts ist geplant, die Leinwand wird direkt bearbeitet, teilweise auch mit beiden Händen. „Die Abgeschiedenheit und die Stille sind mir hier wichtig für die neuen Arbeiten, außerdem sind der Prozess und der Moment der Hingabe zentral und nicht nur das Ergebnis“, gibt die Künstlerin weiter zu Protokoll.
Man schenkt mir eine zweite Tasse Tee ein, passend dazu erzählt mir Erzsebet von ihren vielen Reisen und Auslandsaufenthalten, in Kanada, England, Spanien, in Bhutan, Laos und vor allem der thailändischen Hauptstadt Bangkok hat sie viel Zeit verbracht, fast vier Jahre, kehrt aber immer wieder nach Wien zurück. International geprägt und sehr sensibel, so erscheint mir die Künstlerin und ich frage mich, ob ich das später auch über ihre Malerei werde sagen können. Auf meine Nachfrage erzählt sie kurz noch über ihren biografischen Weg, der nicht unbedingt geradlinig, eher sehr individuell verlaufen sei, sie erwähnt privaten Malunterricht im Atelier von Ernst Fuchs und ein erstes Atelier in Eichgraben, später dann in Wien in der Frankenberggasse. 2018, so erzählt Erzsebet, habe sie die figurative Malerei komplett aufgegeben und widme sich seither nur noch dem Abstrakten. „Bei mir befindet sich alles permanent im Wandel“, sagt sie. Obwohl ich der Künstlerin und ihrem hinreißenden ungarischen Akzent stundenlang zuhören könnte, rutsche ich mittlerweile unruhig herum und verkneife mir die nächste Frage. Mittlerweile bin ich so neugierig geworden, dass ich tatsächlich nicht mehr weiterfragen mag. „Gehen wir ins Atelier?“
Wir gehen. Im wunderschönen und großzügigen Ateliergebäude neben dem Hauptgebäude riecht es nach Farbe, vorbei am Tisch, an dem die Farbtuben und Tools von Erzsebet liegen, erblicke ich zum ersten Mal die großformatigen, farbgewaltigen Malereien. Oft treten die Leinwände auch zu zweit oder zu dritt auf – „ich habe da noch etwas über und mache einfach weiter“, sagt die Künstlerin zu diesen Mini-Serien. Leinwände in unterschiedlichen Formaten, an der Wand gelehnt, am Boden liegend, im Regal aufgehängt. Die großen Dachfenster lassen das Tageslicht unmittelbar in das sehr aufgeräumte Atelier fallen, eine Fülle von Arbeiten umfängt uns. Oft müsse sie ihre Leinwände mehrmals überarbeiten, um zufrieden zu sein, sagt Erzsebet, ein Phänomen von dem viele Maler:innen, die abstrakt arbeiten, berichten.
Ins Auge stechen mir gleich zwei sehr große Querformate. In grün und blau bzw. in gelb, orange und hellen Grüntönen gearbeitet, türmt sich die Farbe hier kaskadenartig auf, bedeckt die Leinwand in einem All-Over, zentral arbeitet die Künstlerin dann auf beiden Leinwänden mit Tusche, die sich spontan ausbreitet und einmal wie schwarzer Lack wirkt, ein anderes Mal wie tropfende blaue Rinnsale, Spuren des malerischen Prozesses freilegen. Jede neue Leinwand, die wir gemeinsam anschauen, eröffnet einen neuen Kosmos. Manche sind flach und farbenprächtig in gelb und rot auf monochromen Hintergrund gesetzt, andere treten in Gruppen auf, sind von wilden Schwüngen und blau-weiß oder Hieben und Splitter-Formen dominiert. Jede Arbeit scheint ein neues Fenster zu einer Welt zu eröffnen, ringt um Ausdruck. Hauchig und zart, fast nebulös, dann wieder ganz flach, ein anderes Mal sehr kontrastreich und fast pastos aufgesetzt, die Wege des Ausdrucks sind überaus vielfältig. Eine mittelformatige Serie hat es mir besonders angetan, für die Erzsebet keinen Pinsel verwendet hat, sondern reine „Schüttbilder“ erzeugt hat, die sich wirbelartig hin zu einem offenen Zentrum zu bewegen scheinen. Erzsebet Nagy Saars abstrakte Malerei stellt keinerlei Bezug zur Gegenständlichkeit her, sondern transportiert Emotion und Geste direkt auf den malerischen Träger. Vor meinem inneren Auge sehe ich der Künstlerin dabei zu, wie sie den richtigen Moment erwischt, immer wieder aufs Neue den Dialog mit der Leinwand sucht und findet. Sie reiht sich ein in eine lange Tradition abstrakter Malerei, und findet doch einen ganz individuellen Ausdruck dafür.
Und wenn Ernst Jandl auf das Grundgebet anspielt, das in der katholischen Kirche vor dem Kommunionsempfang gesprochen wird („Herr, ich bin nicht würdig, dass Du eingehst unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund“), so schenkt uns Erszebet Nagy Saar mit Gravity in der Galerie Amart tatsächlich eine Gesundung, eine Auszeit, einen Freiraum, den wir individuell füllen können, der unsere Wahrnehmung stärken kann. Passenderweise bietet die Galerie Amart dafür einen Raum, der tatsächlich früher auch als Kirchenraum angelegt war und gedient hat. Pilgern wir also zu den „schönen bildern“ von Erszebet Nagy Saar – so hätte es wohl auch Ernst Jandl gemeint und gemacht.
Lisa Ortner-Kreil
Mentale Wirkungsfelder
von Hartwig Knack
Von der Figuration her komme sie, erzählt die aus Ungarn stammende Erzsebet Nagy Saar (SAAR). Ihren Wunsch, realistisch gut zeichnen und malen zu können, erfüllte sie sich im Rahmen der künstlerischen Ausbildung bei Ludwig Baranyai, einem Schüler und späterem langjährigen Assistenten Ernst Fuchs‘ an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Im Jahr 2015 jedoch hängt SAAR schließlich die feinen Haarpinsel, Öllasuren und Eitempera zugunsten von Acrylfarben, Spachteln, breiten Pinseln und Besen an den Nagel.
Für die Ausstellung in der Galerie AMART hat die Künstlerin fast ausschließlich Werke ausgewählt, die in der wesentliche Bereiche des Lebens einengenden Pandemiezeit entstanden sind. Wilde Leinwände, die dem Informel nahe stehen und sensible Malereien auf Velourspapier, deren Motive sich in der optischen Wahrnehmung zwischen Glanz und Mattheit bewegen.
Innen und Außen
Die meist großformatigen Acrylbilder der neuen Serie „Inner Spaces“ erzählen von Freiheit und von Emotionen, die sich – losgelöst vom Gegenstand – Bahn brechen um ungeahnte Räume zu eröffnen. In der Zeit der Corona-Pandemie hat der Freiheitsbegriff für SAAR eine neue Dimension erlangt. „Alles muss raus aus dem Inneren.“, beschreibt die Künstlerin ihre Situation mit dem Verweis auf den Blick durch das Fenster ihres Ateliers in das weite Blau des Himmels.
Die ausladenden kräftigen Pinselhiebe und mit anderen Werkzeugen gestisch gesetzten Strukturen drängen mal von links, mal von rechts ins Bild hinein oder aus ihm hinaus. Ohne stringente Konzeption und planerische Überlegungen, oftmals aber mittels zahlreicher Farbschichten, die reliefartige Oberflächen entstehen lassen, entwickelt SAAR intuitiv ihre machtvolle Formensprache, die allzu leicht als Berge oder bewegte Wasseroberflächen missinterpretiert werden kann. Es seien schlicht Formen ihres inneren Erlebens – innere Landschaften gleichsam – hält die Künstlerin im Gespräch fest. Vielleicht jedoch spielen bei der Motivwahl auch unbewusst Erinnerungen, der Blick zurück in die Landschaften Nepals, Buthans und Chinas, Länder, die die Künstlerin intensiv bereiste oder auch Thailands, wo sie fast vier Jahre lang lebte, eine Rolle? Sich zuspitzende politische Unruhen in Bangkok und die Sehnsucht nach mitteleuropäischer Kultur, Kunst und Ausstellungen führen SAAR 2012 schließlich wieder nach Wien zurück, um ihre Arbeit jenseits von Einflüssen thailändischer Bronzefiguren weiterzuentwickeln, die dort den öffentlichen Raum prägen und im Haus der Familie, bei der die Malerin wohnte, allgegenwärtig waren.
Inneren Gefühlen Raum geben, Formloses in Form bringen und als persönliche Wahrheiten auf die Leinwand ins Außen übertragen ist SAARs künstlerische Devise. Beispielhaft für dieses Prinzip kann die als Raute angelegte Arbeit mit dem Titel „Shape“ stehen. SAAR bringt informelle und geometrische Strukturen zusammen, bezieht sich mit dieser besonders extremen Rautenform auf die „Shaped Canvases“ des US-amerikanischen Malers Kenneth Noland, und versucht ihre inneren Landschaften mit parallelen Linienverläufen in einer äußeren geometrischen Form zu fassen. Auf diesem Weg stellt sie eine Dualität zwischen Innen- und Außenform her, die auch für viele andere Arbeiten der Künstlerin gilt. Ein Appell an uns Kunstinteressierte vielleicht, Zugänge zu unserer individuellen inneren Natur zu suchen, um äußere Veränderungen besser einordnen zu können. Inneres Empfinden bleibt häufig verborgen, weil es von äußeren Zwängen und Konventionen beeinflusst und unterdrückt wird. Und doch ist es für die Ausprägung von Charakter und Individualität essenziell, stets die Auseinandersetzung mit äußeren gesellschaftlichen Gegebenheiten zu suchen.
Farbe, Schwarz und Weiß
Bis zu zehn Schichten Farbe können nötig sein, um zum gewünschten Ergebnis zu gelangen, erwähnt SAAR im Gespräch. Die Künstlerin legt Farbebenen an, verdeckt und macht zugleich sichtbar, wenn sie Partien auf der Leinwand freilässt oder Einblicke in tiefer liegende Schichten gewährt. Das Gemälde „Du Noir“ weist einen solchen pastosen Farbauftrag auf und lässt schon durch den französischen Titel eine Hommage an Pierre Soulages vermuten. Soulages, französischer Künstler und Vertreter einer abstrakt-ungegenständlichen Malerei, hat zeit seines Lebens fast ausschließlich die Farbe Schwarz verwendet. Durch die dick aufgetragene Farbe erzielt SAAR unterschiedliche Nuancen der Farbe Schwarz. Mal glänzend, mal stumpf, mal belebt oder mal flächig zeigt sich die leicht reliefierte Bildoberfläche. Quasi als Gegenüber finden wir Bilder der schon angesprochenen Serie „Inner Spaces“, in denen Weiß als dominante Farbe auftritt. Weiß als Verkörperung reiner Energie, Licht und absoluter Stille oder als Materialisierung des Seins fügt sich nahtlos in SAARs Ideenwelt ein.
Neben grün-, blau-, gelb- oder rotdominanten Bildern zeigen auch die schwarzen und weißen Arbeiten eine besonders sensible Farbpalette. Je nach eingenommener Perspektive und Lichteinfall ändern sich die Oberflächen in Farbigkeit und Struktur. Es eröffnen sich Farbspektren, die überraschen. Für SAAR transportieren Farben selten symbolische Aussagen, sie stellen auch keine Metaphern dar, sondern sind ein simples Medium, mit dem die Künstlerin ihr sinnliches Erleben ausdrücken kann.
Velours
Die kleinformatigen quadratischen Arbeiten auf Velourspapier sind auf Holz kaschiert. Das Pastose der großen Leinwände tritt hier zugunsten feiner differenzierter Farbverläufe zurück, die der weichen samtartigen Beschaffenheit des Papiers geschuldet sind. Mit stark verdünnten Acrylfarben erarbeitet sich SAAR ihre ungegenständlichen Motive, die schimmernde Oberfläche wechselt zwischen Glanz und Mattheit. Was im ersten Augenblick vielleicht recht simpel anmuten mag ist jedoch das Ergebnis langen Experimentierens. Der gezielte malerische Auftrag auf den kurzen und dichten Flor des Velourspapiers ist nicht einfach zu handhaben, erfordert viel Erfahrung und lässt keine Fehler zu. Korrekturen wie ein Übermalen sind nur schwer möglich.
Ob in ihren größten Leinwänden, die sich über eine Länge von bis zu zehn Metern erstrecken, oder in den kleinen Papierarbeiten, SAAR lässt uns teilhaben an ihrem Denken, Fühlen und unbewussten Handeln, das durch ihre Malerei nach außen drängt. Sie legt einen kleinen Teil ihres Innersten, ihrer inneren Landschaften und Emotionen vor uns hin und lädt uns ein, die grenzenlose Erlebniswelt einer spannenden Künstlerin aus individuellen Perspektiven heraus zu ergründen.